Was Stadtrat Sebastian Meier bereits bei der Begrüßung sagte, wurde von MdEp Ismail Ertug, dem Hauptredner der europapolitischen Veranstaltung der SPD in der Rodinger Stadthalle weiter vertieft. Es gehe darum, Europa gegen die Populisten zu verteidigen, hatte Meier bereits auf die Bedeutung der bevorstehenden Wahl am Sonntag hingewiesen. Daran anknüpfend meinte Ertug, dass viele Bürgerinnen und Bürger die Bedeutung der Wahl möglicherweise noch nicht erkannt hätten. Die EU-Kandidatinnen und -Kandidaten seien im Gegensatz zur Bundes- oder Landtagswahl der breiten Masse nicht so bekannt.
So ging der Europapolitiker aus Amberg zunächst auf die institutionelle Zusammensetzung der EU ein. Er beschrieb die einzelnen Ebenen von der Europäischen Kommission, über den Europäischen Rat, bis hin zum Ministerrat eine Ebene tiefer. Schließlich war Ertug beim Parlament angelangt: „Wenn das Parlament stark ist, dann sind wir stark. Wenn die Bürger uns stärken, stärken sie sich selbst“, so der 43-Jährige. Ertug, der seit zehn Jahren im EU-Parlament sitzt, empfindet es als kränkend, dass die EU immer pauschal beurteilt werde. Es sei wichtig, zu differenzieren, sagte er. Es gäbe zweifelsohne allerhand Defizite, dennoch sei die EU nach wie vor Garant für Frieden und Wohlstand.
Vier von acht Fraktionen im Parlament befänden sich rechts der Mitte, schlug Ertug einen Bogen zum wachsenden Populismus. Etwa zehn Prozent der Sitze würden den Rechtsparteien in Brüssel zufallen, wie zu befürchten sei. Das aktuelle Beispiel Österreich zeige, dass Hass nach wie vor der Mittelpunkt rechten Gedankenguts sei und eben nicht harmloser Patriotismus: „Jeder der nicht zur Wahl geht, wählt indirekt die Braunen“, wies Ismail Ertug auf höhere Prozente der Rechtsparteien bei geringerer Wahlbeteiligung hin.
Der Brexit sei ein Paradebeispiel für falsche Versprechen der nationalen Parteien. Dass die EU in der Wahrnehmung vieler Bürger überhaupt nicht mehr aus dem Krisenmodus komme, sei ein Hauptgrund für die zunehmende Stärke der Populisten, schloss er das Kapitel ab.
Er wandte sich nun den Ideen der Sozialdemokratie zu, die ein soziales Europa für unabdingbar hält. Dazu solle etwa ein europäischer Mindestlohn mit 60 Prozent des durchschnittlichen Landeseinkommens eingeführt werden. Die Arbeitslosengeldrückversicherung oder ein Rechtsanspruch auf Ausbildung für unter 25-Jährige sind weitere Forderungen der SPD. Auch die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen müsste endlich beseitigt werden. Ein weiterer Ansatz der SPD sei, weg vom kapitalistischen Binnenmarktgedanken, hin zur qualifizierten Mehrheit zu gehen. Die SPD fordert die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips und die deutlich stärkere Besteuerung von Großkonzernen.