Beruflich hat Steve Brachwitz viel mit Menschen im Tiefschlaf zu tun. Privat wie politisch gibt er sich aufgeweckt und interessiert. Seit Anfang Mai ist der 33-Jährige aus Mitterkreith Vorsitzender des SPD-Ortsvereins. Als solcher möchte er die Sozialdemokraten in Roding weiter voranbringen und auf drängende Themen unserer Zeit hinweisen. Dafür bringt er Erfahrung aus der Großstadt mit.
Brachwitz' Leben beginnt jedoch deutlich beschaulicher. In Stachesried bei Eschlkam wuchs er auf. Nach der Realschule in Furth im Wald entschied er sich für eine Ausbildung zum Krankenpfleger, die er von 2006 bis 2009 an der Krankenpflegeschule in Roding absolvierte. Die Gesundheitspolitik ist deshalb heute sein Steckenpferd. Da sich bereits damals ein Umbruch in der Kliniklandschaft des Landkreises abzeichnete, wollte sich Brachwitz in München beruflich weiterentwickeln, spezialisierte sich dort auf Anästhesie und Intensivpflege. "Die zweijährige Weiterbildung ist vergleichbar mit dem Meister in der Wirtschaft", erklärt der 33-Jährige. Mit Belegung entsprechender Kurse schaffte er es zum stellvertretenden Leiter, dann zum Leiter der Anästhesiepflegekräfte.
Sympathisiert hatte er mit der SPD schon länger, gibt Brachwitz zu. Aber erst die aus seiner Sicht verkorkste Gesundheitspolitik eines Jens Spahn brachte ihn dazu, den Sozialdemokraten beizutreten. "So, jetzt reichts", habe er sich gedacht und im April 2020 sein Parteibuch beim Ortsverband München-Waldperlach entgegengenommen. Wer nur meckert, aber selbst nicht tätig wird, braucht sich nicht weiter zu beschweren, findet Brachwitz. Geliebäugelt hatte er zeitweise auch mit den Grünen. Die aber haben Ansätze, die er teilweise nicht gut finde. "Die hauen mir zu sehr mit dem Holzhammer auf gewisse Themen", schüttelt Brachwitz den Kopf. Soziale Themen können rein aus dem Kapitalismus heraus nicht gelöst werden. Dafür brauche es sozialpolitische Ansätze. Etwa das Thema Klimakrise. "Die können wir nur schaffen, wenn Herausforderungen sozialgerecht verteilt werden." Aber auch sein Herzensthema, die Gesundheitspolitik bedürfe einer dringenden Reform hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit.
Im Südosten der Landeshauptstadt fand er ein gutes Netz vor, was Neumitglieder angeht. Im Landesverband der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen, kurz ASG, bringt Brachwitz seitdem seine Erfahrungen aus der Praxis als Beisitzer ein. Es gefällt ihm, auf diesem Weg die unmittelbaren Auswirkungen auf die Politik der Partei zu sehen und in gewisser Weise auch mitgestalten zu können.
Mit der Hochzeit und den Geburten der beiden Kinder wollten sich Steve Brachwitz und seine Frau neu orientieren. Zurück in die Heimat. Nach einem kurzen Zwischenspiel in Willmering wurden sie in Mitterkreith fündig. Im Herbst vergangenen Jahres bezog die Familie ihren Neubau. Beruflich wechselte der 33-Jährige ans Uniklinikum nach Regensburg, ist dort als Stationsleiter der Anästhesiepfleger tätig. An seinem neuen Wohnort schätzt er die schnelle Verbindung nach Straubing und Regensburg. Und den Kindergarten in Mitterdorf. "Der ist echt super."
Die Infrastruktur in der Stadt passe. Auch die im Ortsverband, zu dem er nach dem Umzug wechselte. Aufgrund der Pandemie habe es aber etwas gedauert, bis er in der Struktur Fuß fassen konnte. Dafür erfolgte der Aufstieg an die Spitze des Vereins umso unverhoffter. "Als mich Sebastian Meier gefragt hat, ob ich den Vorsitz übernehmen möchte, hab ich erstmal geschluckt", bekennt Brachwitz. Doch auch diesmal hält er es mit seinem Credo, das ihn zum Parteieintritt brachte. Wer mitreden möchte, muss Verantwortung übernehmen. Mit Renate Hecht und Jakob Berg habe er zwei engagierte Stellvertreter an seiner Seite. Und auch Meier, der nach zehn Jahren den Vorsitz abgab, geht der SPD als Beisitzer ja nicht verloren. Als Zugezogener muss sich Steve Brachwitz natürlich erst in lokale Begebenheiten einarbeiten, Informationen zusammentragen. Dennoch hat er bereits einige wichtige kommunalpolitische Punkte auf dem Schirm. Hinsichtlich des Freibads ist er froh, "wenn es mal losgeht", auch wenn es in den Sternen stehe, wie sich die Sanierung preislich entwickelt. Auch den Gesundheitsstandort, der als Ersatz für das geschlossene Krankenhaus angedacht ist, bewertet der Anästhesiepfleger positiv. "Es war nicht nur unausweichlich, sondern die beste Lösung, die im jetzigen Gesundheitssystem möglich war." Auch wenn er es lieber sehen würde, gäbe es mehr kleinere Krankenhäuser mit 20, 30 Betten und vernünftige Transportwege und -mittel in die Zentren, wo die Spezialisten sitzen. "Das MVZ ist in Ordnung", betont Brachwitz, warnt aber auch: "Wenn ein Krankenhaus aus einer Region geht, geht ein Stück Infrastruktur im Gesundheitswesen verloren." Dabei verweist er beispielsweise auf Physiotherapeuten oder Apotheken, die mangels Patienten und Kunden abwandern könnten.
Dass Roding von der Nähe zu Regensburg profitiert, daran lässt Steve Brachwitz keine Zweifel. Die Stadt habe Wachstumspotenzial, müsse aber zunehmend auch die Probleme im Blick haben, die mit Wachstum einhergehen. Schul- und Kitaplätze, erneuerbare Energiequellen, öffentlicher Personennahverkehr. Oder aber auch der soziale Wohnungsbau, der "noch etwas vernachlässigt" werde. Hierüber sollte sich die Kommune frühzeitig Gedanken machen, wo und vor allem wie man Sozialwohnungen implementiert, appelliert der Sozialdemokrat.
Seine Aufgabe als Ortsvorsitzender sieht Brachwitz darin, den Menschen die politische Arbeit der SPD näherzubringen. Bei der nächsten Kommunalwahl 2026 will er den Rodingern ein Angebot machen und vermitteln, dass die Partei vor Ort ist. Zwar sei man der stärkste Ortsverein im Kreisverband, Nachwuchs sei aber trotzdem essenziell und werde gesucht. Langzeitziel sollte sein, stärker in Stadtrat und Kreistag vertreten zu sein. Und sein persönliches Ziel? Brachwitz formuliert es so: "Ich bin jetzt nicht in die Politik gegangen, um von der Seitenlinie aus zuzuschauen."