Ich halte es für eine gewagte These von Herrn Schenk, dass die große Koalition nicht abgewählt worden ist, sondern nur einen Dämpfer erhalten hat. Es stimmt zwar, dass die SPD gemeinsam mit der Union noch auf 56,3 % der Sitze im Bundestag kommt – verglichen mit den 79,8 % bei der Bundestagswahl 2013 ergibt sich ein Rückgang von 23,5 Prozentpunkten bzw. 29,4 % bei den Sitzen im Bundestag. Dieser Rückgang ist für mich ein klares Indiz, dass der Wählerwille mit Sicherheit nicht die Fortführung einer Koalition der beiden großen Volksparteien ist, sondern der Wunsch nach zwei Parteien mit schärferen Profilen.
Ich gebe Herrn Schenk Recht, dass die klare Festlegung in die Opposition zu gehen am Wahlabend von unserem Parteivorsitzenden Martin Schulz unglücklich war. Doch dies als Ursache für die aktuelle Situation in der Bundespolitik zu benennen ist falsch. Eine Koalition zwischen den beiden großen Parteien in Deutschland sollte nicht ein Dauerzustand in einer parlamentarischen Demokratie sein. Deshalb war es richtig, dass zuerst Union, FDP und Grüne Verhandlungen führten. Dass sich diese vier Parteien nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen konnten, kann sicherlich nicht der SPD angelastet werden. Zumal die Sozialdemokratie sowohl in der Vergangenheit, als auch in der aktuellen Situation immer wieder die Staatsinteressen über den Parteiinteressen gestellt hat. Drittens hält es Herr Schenk mit seinem Verständnis von Demokratie nicht vereinbar, dass sieben Promille der Wahlberechtigten (nämlich die SPD-Mitglieder) in einer Basisabstimmung über einen möglichen Koalitionsvertrag abstimmen werden. Wer sollte den sonst abstimmen, wenn nicht die Mitglieder der betroffenen Parteien? Schließlich besteht eine Partei nicht nur aus den Funktionären und Abgeordneten, welche die Koalitionsverhandlungen führen, sondern vor allem aus normalen Mitgliedern, welche sich im Wahlkampf oder bei der Willensbildung innerhalb der Partei auf vielen Parteitagen engagieren. Alle Mitglieder abstimmen zu lassen zeigt von Transparenz und Basisdemokratie. Zentrale Punkte in unserem Wahlprogramm als hohe Hürden für Koalitionsverhandlungen zu bezeichnen finde ich falsch. Schließlich haben uns die Wähler wegen dieser Aspekte das Vertrauen geschenkt.